Was gibt es Neues?

Wasserball – der unverständliche Sport…

„Wasserball – der unsichtbare Sport!?“ ist eine lesenswerte sportwissenschaftliche Studie zu der Sportart Wasserballs (und ihren Problemen) aus der Feder Jürgen Schwarks getitelt, doch das erwartet umkämpfte Spitzenduell der Deutschen Wasserball-Liga (DWL) zwischen Titelverteidiger Wasserfreunde Spandau 04 und Tabellenführer Waspo 98 Hannover hat sich in die bereits breit gefüllte Kategorie „Wasserball – der unverständliche Sport“ nahtlos eingereiht. Ausgerechnet zum Spitzenspiel der beiden verbliebenen deutschen Europapokalvertreter mit ihren zahlreichen in- und ausländischen Nationalspielern bekamen die Fans einmal mehr die Probleme der Sportart brühwarm präsentiert – und standen in der Schöneberger Schwimmsporthalle wiederholt selbst ohne Kenntnis der schwierigen Sachlage dar.

Neben schwer verständlichen Regeln sind unnötige Unterbrechungen ein Gift für das in den vergangenen zehn Jahren noch schneller gewordene Spiel, umso ärgerlicher ist wird es dann, wenn die Probleme hausgemacht sind. Ausgerechnet beim Spitzenspiel blieb der dritte Persönliche Fehler von Hannovers Führungsspieler Aleksandar Radovic über eine komplette Viertelpause hinweg unbemerkt. Aufgefallen war dieses erst nach einem Tor plus einem Wasserverweis gegen anderen Waspo98-Spieler, was minutenlangen Diskussionen zur Folge hatte, bis der in diesem Moment dann zwangsläufig verwirrende Sachverhalt endlich aufgeklärt und den Anwesenden klar gemacht worden war. Radovic kassierte zusätzlich zum vorzeitigen Spielende zudem noch eine „Rolle“ für Schiedsrichtermissachtung, ehe es dann nach mehr als zehn Minuten Unterbrechung weiterging. Im Beckenrand- und Tribünenbereich war den meisten Anwesenden erst nach dem Spielende klar, was sich überhaupt zugetragen hatte.

Zusätzlich zu der unglücklich langen Unterbrechung kam noch hinzu, dass die Schiedsrichter sichtbar Schwierigkeiten hatten, Ruhe in die schwierige Partie zu bekommen, was neben dem Spiel als solches auch dem Erscheinungsbild der Sportart insgesamt nicht zugute kam. Proteste gegen Schiedsrichterentscheidungen gab es von Zuschauern, Aktiven bis hin zu den Vereinspräsidenten reichlich, so dass man wieder einmal bei einem Spitzenspiel in Berlin mit Diskussionen über die Unparteiischen leben musste. Patentrezepte für diese Situation gibt es nicht, doch zumindest für das besagte Spiel fiel eine deutliche Aussage: „Beide Mannschaften wenden eine Million Euro pro Jahr auf, dann sollen gefälligst auch die besten Schiedsrichter kommen“, hat Hannovers Vereinspräsident Bernd Seidensticker eine bereits nach der Vorjahrespartie aufgeworfene Forderung diesmal noch drastischer formuliert in den Raum gestellt – und stand bei den anschließenden Gesprächen mit den Spandauer Altstars mit der Ansicht nicht alleine.

In jüngster Vergangenheit hat zudem der Weltverband FINA mit Regeländerungen und –auslegungen das Szenario weiter unnötig erschwert. Gleich zweimal für Kopfschütteln und Unverständnis sorgte die 2013 eingeführte (und weitgehend unbekannte) Anweisung (nicht Regel!), dass nach einem Ausschluss beim Positionskampf in Tornähe ohne Ball dieser dann nicht sofort zum Zwecke eines direkten Torwurfes zu dem dann allein stehenden Angreifer gespielt werden darf. In Berlin hatte Hannovers Predrag Jokic im zweiten Viertel unweit des linken Pfostens einen Wasserverweis erzwungen und den Ball dann direkt erhalten. In Kenntnis der Regelauslegung spielte er den Ball weiter, diesen allerdings nicht in den Rückraum, sondern zu Andreas Schlotterbeck am rechten Pfosten, der per Doppler leicht versenkte. Die Schiedsrichter annullierten das spektakuläre Tor, mussten damit zwangsläufig die Proteste der in zweistelliger Anzahl angereisten Gästefans ertragen. Eine ähnliches Szenario ereignete sich in den letzten Sekunden des dritten Abschnitts auf der Gegenseite bei dem besagten dritten Wasserverweis gegen Aleksandar Radovic: Hier erhielt Marko Stamm in Tornähe den Ball, der in Kenntnis der Sachlage völlig unbedrängt in den Rückraum zurückspielte und damit wohl ebenfalls auf ein sehenswertes Tor verzichten musste. Der Spandauer Kreativakteur kommentierte die Szene nach dem Spielende ebenfalls mit Kopfschütteln, wobei komplizierte Regularien nicht nur die Zuschauer, sondern am Ende schnell auch die Offiziellen überfordern können.

Alle drei genannten, unterschiedlich gelagerten Themenkomplexe produzierten am vergangenen Sonnabend bereits am gut gefüllten Beckenrand mit geballter Fachkompetenz der Sportart (und geschätzten 2.000 Länderspielen) wiederholt nur fragende Gesichter. „Wie sollen das dann aber Zuschauer auf der Tribüne noch verstehen?“ äußerte sich selbst ein DSV-Funktionär kritisch zu dem Gigantenduell des deutschen Vereinswasserballs und der Situation der Sportart. Letztlich litt unter diesen Begleiterscheinungen eine hart umkämpfte Spitzenpartie, die in der Rohfassung nicht nur spektakuläre Szenen, sondern mit einem Endstand von 10:9 bei Viertelresultaten von 6:3, 0:4; 1:2 und 3:0 unter dem Strich auch einen völlig irren Spielverlauf geboten hat. Die Bestandteilte für ein Topmenü waren letztlich da, doch die Mischung war einmal mehr nicht geglückt.