Was gibt es Neues?

SSVE enttäuscht und wird Achter

Die Bundesliga-Wasserballer des SSV Esslingen beenden die sehr spezielle „Corona-Saison 2021“ trotz Heimvorteil beim abschließenden Platzierungsturnier nur auf Platz acht. Erstmals waren wieder Zuschauer zugegen, doch bekamen die nur drei, wenn auch zum Teil knappe, Niederlagen zu sehen. Gegen den SV Ludwigsburg stand es am Ende 6:13, die Partie gegen die White Sharks Hannover endete 4:6 und zum Abschluss gab es ein 12:13 gegen die SG Neukölln Berlin.

Es war alles vorbereitet: das SSVE-Freibad war entsprechend dem strengen Hygienekonzept des Deutschen Schwimm-Verbandes klar in einen Wettkampf- und einen Gastrobereich für die ersten Zuschauer überhaupt bei einer Sportveranstaltung im Landkreis Esslingen seit dem Lockdown getrennt, ein Testbus stand bereit und die vier Mannschaften waren motiviert, um die Plätze 5-8 der Wasserball-Bundesliga zu kämpfen. Es gab dann auch spannende und überraschende Spiele auf der Neckarinsel, doch aus Esslinger Sicht bleiben zwei Wermutstropfen: das schlechte Wetter, aber vor allem die Ergebnisse der eigenen Mannschaft. Während man aus dem „Hinturnier“ eine Woche zuvor mit dem Frusterlebnis der 4:15-Klatsche gegen die White Sharks Hannover herausging, konnte man der SSVE-Sieben beim Heimturnier keinesfalls einen fehlenden Willen oder fehlenden Ehrgeiz nachsagen, allerdings reichte es nicht für einen Punktgewinn. Die Negativerlebnisse nagten verständlicherweise auch am Selbstbewusstsein des Teams, das war deutlich zu sehen. Vor allem dann, wenn es mal nicht so lief. Die Mannschaft um Kapitän Marvin Thran kämpfte und gab nie auf, vor allem bei den äußerst knappen Niederlagen gegen die White Sharks Hannover (4:6) und die SG Neukölln (12:13), gegen die Berliner fiel der entscheidende Treffer in einer dramatischen Schlussphase erst 0,7 Sekunden vor der Schlusssirene. SSVE-Trainer Heiko Nossek sprach dann auch von einem „ziemlich bitteren Abschluss dieser Saison! Wir haben es leider nicht geschafft, die Vorgaben über ein Spiel durchzuhalten. Somit sind wir verdienter Achter geworden. Wir werden unsere Schlüsse und Konsequenzen daraus ziehen und für die kommende Saison gut vorbereitet sein. Wir haben einiges gutzumachen und müssen die Pause und die Vorbereitung nutzen, um an unseren Schwächen zu arbeiten“, richtet der langjährige Nationalspieler den Blick gleich nach vorne und hofft wie wohl alle auf eine „normale“ Saison 2021/2022. Hannes Rothfuß arbeitet ebenfalls bereits an der Analyse: „Wir haben uns für dieses Wochenende definitiv mehr vorgenommen. Wir sind nicht konstant genug, um über vier Viertel zu bestehen und verlieren somit alle drei Spiele am Ende verdient. Es gilt nun, die Saison, die aufgrund von Corona nicht einfach war, zu analysieren, die Defizite anzusprechen und für die kommende Saison zu verbessern beziehungsweise abzustellen. Es gilt an den Schwächen zu arbeiten, um den achten Platz von dieser Saison in der kommenden zu verbessern!“

Am Freitagabend hatte das Turnier für den SSVE mit einer Sieben-Tore-Niederlage im Derby gegen den SV Ludwigsburg begonnen und damit mit dem gleichen Torabstand, wie eine Woche zuvor. Wenn auch die Gäste favorisiert waren, fiel die Niederlage aus Esslinger Sicht am Ende zu hoch aus, zumal man drei Viertel bis zum 6:8 kurz vor Ende des dritten Abschnittes auch bei diesem Spiel gut mithielt. Zwar nutzten die Ludwigsburger gleich ihre ersten beiden Chancen zu einem schnellen 0:2, doch in der Folgezeit hielten die Esslinger gut dagegen. Durch zwei Treffer von Linkshänder Valentin Finkes sowie einen von Kapitän Marvin Thran stand es nach den ersten acht Minuten 3:4 und nach einem weiteren Treffer des Mannschaftskapitäns zur Halbzeit nur 4:5. Doch dann zu Beginn des dritten Abschnittes fiel in der 19. Spielminute die erste Drei-Tore-Führung der Barockstädter. Doch angetrieben von Marvin Thran gab die Mannschaft nicht auf, der Kapitän war es auch, der mit seinem dritten Treffer das 5:7 erzielte. Center Konstantinos Sopiadis traf 20 Sekunden vor Ende des Abschnittes zum 6:8. Doch sollte dieser Treffer der letzte der Esslinger bleiben. Noch vor dem Pausenpfiff traf Nationalspieler Timo van der Bosch zum 6:9. Als dann nach Wiederanpfiff Ludwigsburgs sechsfacher Torschütze Marko Martinic mit einem Doppelschlag auf 6:11 erhöhte, war die Partie entschieden. Am Ende leuchtete ein 6:13 (3:4, 1:1, 2:4, 0:4) auf der Anzeigetafel.

Am Samstagabend trafen die Esslinger dann auf eben jene Hannoveraner, die ihnen eine Woche zuvor eine richtige Klatsche verpasst hatten. Das sollte zwar dieses Mal nicht passieren, aber etwas Zählbares sprang für die Gastgeber auch dieses Mal nicht heraus. Und vor allem erinnerte das Anfangsviertel zumindest ergebnistechnisch stark an das Geschehen vor einer Woche – mutmaßlich hatten die Esslinger auch genau das noch in ihren Köpfen und so stand es nach den ersten acht Minuten 0:3 für die White Sharks. Doch dann das Aufbäumen des SSVE-Teams: die Initialzündung gab Torhüter Florian Pirzer, der zu Beginn des zweiten Abschnittes mit mehreren überragenden Paraden seine Mannschaft überhaupt im Spiel hielt. Vorne setzte sich Center Konstantinos Sopiadis zwei Mal mustergültig durch und traf doppelt, dazwischen hatte Marvin Thran zum 2:3 getroffen, sodass es zur Halbzeit Unentschieden 3:3 stand. Alles war wieder offen. Per Strafwurf kamen die Niedersachsen zur erneuten Führung, die Valentin Finkes eine Minute später wieder egalisierte. Allerdings sollte dieser Treffer zum 4:4 das letzte SSVE-Tor und die Gastgeber somit 13 Minuten ohne weiteren Torerfolg bleiben. Zwar veranstalteten die Hannoveraner nun keinesfalls ein Offensivfeuerwerk und der SSVE blieb in der Abwehrarbeit konzentriert, dennoch gelangen den Gästen im weiteren Spielverlauf zwei weitere Treffer, die zum 4:6 (0:3, 3:0, 1:2, 0:1)-Sieg reichten.

Auch im letzten Spiel der Saison am Sonntagmittag sollte es für die Esslinger Wasserballer nicht zu einem Sieg reichen. Gegen die SG Neukölln Berlin konnten sie beim Hinspiel in der Platzierungsrunde noch einen knappen 10:8-Sieg landen und ihre 8:2-Halbzeitführung am Ende gerade noch so über die Zeit retten. Ein fast identischer Spielverlauf nun auch im SSVE-Freibad, allerdings mit dem bitteren Ende für die Gastgeber. Betrachtet man die Spielverläufe der beiden Partien von Freitag bzw. Samstag mit insgesamt nur zehn Toren, so ist das Auftaktviertel gegen die Berliner fast schon furios zu nennen: Zoran Bozic (2), Marvin Thran, Kende John und Robin Finkes sorgten mit ihren fünf Treffern bei zwei Gegentoren für eine klare Führung. Und auch im zweiten Abschnitt waren die Esslinger durch die Tore von Marvin Thran und Zoran Bozic sowie tolle Paraden des erstmals nach seiner Verletzung wieder über eine gesamte Partie eingesetzten Jugend-Nationaltorhüters Boris Tepic in der Lage, die Führung zu einem 7:3-Halbzeitstand auszubauen. Doch dann kam wieder dieses verdammte dritte Viertel: Zwar konnte Aleksa Boskovic in der 20. Minute sogar die erste fünf-Tore-Führung für den SSVE erzielen, die Miklos Barothy zum 9:4 auch noch halten konnte, doch dann plötzlich ein „Bruch“ im Esslinger Spiel. Individuelle Fehler und taktisches Fehlverhalten brachten den Gegner wieder heran und plötzlich war die Verunsicherung im SSVE-Team wieder zu spüren. Bis zur letzten Pause konnten die Neuköllner auf 9:7 verkürzen. Als Robin Rehm gleich zu Beginn des letzten Spielabschnittes das 10:7 erzielte, kam noch einmal die Hoffnung auf, doch wieder in die Spur zu kommen. Doch vergeblich: 122 Sekunden vor der Schlusssirene schafften die Gäste erstmals seit dem 1:1 in der Anfangsphase wieder einen Ausgleich zum 11:11. Und etwas mehr als eineinhalb Minuten dann sogar die Führung. Spätestens jetzt war es ein Drama aus SSVE-Sicht. Die Zuschauer im Nieselregen gaben noch einmal alles und unterstützten ihr Team und 39 Sekunden vor dem Ende weckte Zoran Bozic mit seinem vierten Treffer zum 12:12 die Hoffnung auf wenigstens einen Punktgewinn. SGN-Trainer Andreas Schlotterbeck, von Jugendzeiten an Weggefährte Heiko Nosseks in der Nationalmannschaft, nahm eine Auszeit 39 Sekunden vor dem Abpfiff. Die Berliner spielten die Zeit herunter und holten einen Eckball heraus. 0,7 Sekunden vor dem Ende traf Kapitän David Kleine aus dem Rückraum zum 12:13. Auch die Esslinger hatten noch eine Auszeit, doch wozu sollten 0,7 Sekunden noch reichen? Nach der einminütigen Auszeit bekam SSVE-Torwart Boris Tepic den Ball vom Schiedsrichter und machte das einzig mögliche: ein strammer Schuss aufs Tor, ein Aufsetzer, der genau im linken Torwinkel landete. Großer Jubel beim Team und bei den Zuschauern, doch die Ernüchterung kam schnell: Der Treffer konnte nicht zählen, da nachdem ein Ball beim Schiedsrichter war, nie direkt aufs Tor geschossen werden darf und der tolle Schuss des SSVE-Torhüters auch von keinem anderen Spieler mehr berührt worden war – es blieb also bei einer bitteren 12:13 (5:2, 2:1, 2:4, 3:6)-Niederlage und der Jubel wechselte auf die Neuköllner Seite, die dank des Sieges noch auf Platz sechs der Abschlusstabelle vorrücken konnten. Natürlich müssen sich die Esslinger nach dieser Niederlage selbst ganz objektiv vorwerfen, dass sie mehrere klare Führungen bis weit in den dritten Abschnitt hinein und selbst eine 3-Tore Führung im vierten Viertel nicht zu einem Sieg ummünzen konnten. Allerdings muss genauso objektiv gesagt werden, dass bei einer sowieso schon verunsicherten Mannschaft ein Persönliches-Fehler-Verhältnis von 12:4 zu Lasten der Esslinger natürlich auch nicht so ohne weiteres zu verkraften ist und doch auch Fragen bei der Bewertung von so mancher Spielsituation der Unparteiischen aufwirft. Vor allem wenn zwei vermeintlich gleich starke Teams aufeinander treffen und es am Ende so knapp hergeht. Drei Strafwürfe zu Lasten der Esslinger, nur einer auf Esslinger Seite, sowie neun Unterzahlspiele im Gegensatz zu dreien auf Neuköllner Seite kosten einfach auch Kraft. 

Aber zur Wahrheit gehört auch, dass selbst ein Sieg oder ein Unentschieden nichts am enttäuschenden Abschneiden der Esslinger Wasserballer insgesamt geändert hätte, es wäre so oder so bei Platz acht geblieben. Daher bleibt den Verantwortlichen nun wie von den Trainern bereits angedeutet, die Fehler aufzuarbeiten und mit ihrem zugegebenermaßen noch sehr jungen Team mit einem Durchschnittsalter von gerade mal 22 Jahren beim letzten Saisonspiel weiterzuarbeiten. Diesen Weg werden die Esslinger auch definitiv weitergehen, es bleibt das Ziel, die eigenen Jugendspieler an die Bundesliga heranzuführen und so ein Team aufzubauen, das in Zukunft natürlich auch wieder bessere Plätze anstreben soll. Das heißt nicht, dass es auch im Kader zu Veränderungen kommen wird, aber ein Verlassen des eingeschlagenen Weges wäre falsch, nur weil man die Saison nicht wie erhofft und angepeilt etwas weiter vorne abgeschlossen hat. Der Aufbau mit der eigenen Jugend ist der richtige Weg, auch für den deutschen Wasserballsport. Das „Profitum“ von zwei oder drei Vereinen hat jedenfalls nicht dazu beigetragen, den deutschen Wasserballsport nach vorne zu bringen. Eher im Gegenteil, seit Peking 2008 hat Deutschland an keiner Olympiade mehr teilgenommen, auch weil die deutschen Nationalspieler in ihren Vereinen oftmals keine entscheidende Rolle mehr spielen. 

 

Ergebnisse: 

Samstag, 29.05.2021 (Freibad Hoheneck)

11:00 Uhr      SV Ludwigsburg – SSV Esslingen 20:13 (7:7, 6:3, 4:1, 3:2)

13:00 Uhr      SG Neukölln – White Sharks Hannover 05:11 (2:2, 2:0, 1:4, 0:5)

17:00 Uhr      SG Neukölln – SSV Esslingen 08:10 (2:5, 0:3, 3:1, 3:1)

19:00 Uhr      SV Ludwigsburg – White Sharks Hannover 18:09 (4:3, 4:1, 5:4, 5:1)

Sonntag, 30.05.2021 (Freibad Hoheneck)

11:00 Uhr      White Sharks Hannover – SSV Esslingen 15:04 (2:2, 5:2, 4:0, 4:0)

13:00 Uhr      SV Ludwigsburg – SG Neukölln 14:15 (3:5, 5:1, 5:6, 1:3)

Freitag, 04.06.2021 (SSVE-Freibad)

19:00 Uhr       SSV Esslingen – SV Ludwigsburg 06:13 (3:4, 1:1, 2:4, 0:4)

Samstag, 05.06.2021 (SSVE-Freibad)

15:00 Uhr      White Sharks Hannover – SG Neukölln 08:11 (2:1, 3:4, 1:3, 2:3)

18:00 Uhr      SSV Esslingen – White Sharks Hannover 04:06 (0:3, 3:0, 1:2, 0:1)

20:00 Uhr      SG Neukölln – SV Ludwigsburg 09:09 (1:3, 5:4, 3:1, 0:1)

Sonntag, 06.06.2021 (SSVE-Freibad)

10:00 Uhr      White Sharks Hannover – SV Ludwigsburg 04:09 (2:2, 0:2, 2:3, 0:2)

12:00 Uhr      SSV Esslingen – SG Neukölln 12:13 (5:2, 2:1, 2:4, 3:6)

 

Tabelle: 

1. Waspo 98 Hannover

2. Wfr. Spandau 04

3. OSC Potsdam

4. ASC Duisburg

5. SV Ludwigsburg               83:56 Tore    9:3   Punkte

6. SG Neukölln Berlin           61:64 Tore     7:5   Punkte

7. White Sharks Hannover   53:51 Tore    6:6   Punkte

8. SSV Esslingen                 49:75 Tore     2:10 Punkte

Die Plätze 1-4 wurden in Play-off-Serien entschieden.

Die Plätze 9-16 der Wasserball-Bundesliga werden derzeit noch ausgespielt.