Nationalmannschaft

Was gibt es Neues?

„Platz sieben war das Maximum“: ein Leserbrief von Milos Sekulic

Liebe Wasserballfreunde,

ein großer Event liegt hinter uns. Die ersten European Games sind im Endspurt und die letzten Medaillen werden noch vergeben. 6.000 Sportler aus allen Ländern Europas haben alles gegeben, sich und eigenes Land in bestmöglichem Licht zu präsentieren. Darunter auch 13 Mädels aus Deutschland, 13 Wasserballerinnen, ihr Trainerstab und Betreuer. Alles in allem, 17 hochmotivierte Wasserballverrückte, die vor Ort eine glänzende Vorstellung abgaben – nicht nur im Sinne des Wettkampfs. Sie waren ein Team, das sich sehen lassen konnte. Sie haben zusammen gekämpft, sich zusammen gefreut und auch getrauert.

Die Spiele in Baku gelten als Pendant zur regulären Jugend-Europameisterschaft – und so müssen wir sie auch werten. Die besten Mannschaften Europas haben teilgenommen, und erstmal war eine Qualifikation nötig, um an den Spielen teilnehmen zu dürfen. Der Weg unserer Mannschaft fing letztes Jahr an als sechs Mädels aus dem Baku-Aufgebot zur Jugend-Weltmeisterschaft nach Madrid geschickt worden sind. Sie waren im Schnitt mehr als zwei Jahre jünger als alle anderen Mannschaft vor Ort und spielten ohne ihren verletzten Kapitän. Zwei Jahre können die Welt bedeuten: Zwei Jahre mehr Training, zwei Jahre mehr Wettkampf, zwei Jahre hatten die anderen Spielerinnen ihnen voraus. Das Lehrgeld musste bezahlt werden – Platz 16. Dafür aber eine enorme Erfahrung und etliche Lehrstunden während der Vorbereitung und beim Wettkampf.

Dieses Jahr standen die European Games auf dem Plan und die Mannschaft musste sich erst qualifizieren. Dieselben Mädels, die in Madrid ins Feuer geworfen wurden, waren jetzt die Leistungsträgerinnen, die ein Spiel gewinnen oder verlieren – eine große Verantwortung. Das Qualifikationsturnier in Belgrad im März: Die erste Prüfung für eine neue Mannschaft. Verletzungen wurden auskuriert, Schule stimmte, Motivation war groß. Mit einem Turniersieg fuhr die Mannschaft nach Hause!

Vor zwei Wochen hieß es dann, endlich in Baku an den Start zu gehen und die Leistung aus Belgrad nicht nur zu wiederholen, sondern auch noch zu verbessern – und das haben sie getan! Alle dreizehn mit ihren Trainern und Betreuern: drei Niederlagen und vier Siege – eine positive Bilanz. Das gab es in letzter Zeit nicht. Die Mädels kämpften wie sie nur konnten. Sie haben für sich, für das Team, für ihr Land, den Wasserballsport in Deutschland und ihre Managerin gespielt: Mit einem „E“ auf der Haut umschlossen von einem Herz! Sie haben Stärke bewiesen, Leistung gebracht und Charakter gezeigt, genau in dem Moment als es drauf am schwersten war.

Auch wenn Platz sieben auf den ersten Blick (und nur auf dem ersten Blick) kein großer Erfolg ist, sieht die Realität anders aus. Platz sieben war das Maximum in diesem Moment und das Maximum wurde erreicht. An dem ist nichts auszusetzen. Vom Platz eins bis Platz sechs gibt es nur kleine Unterschiede; von Platz sechs bis Platz sieben hingegen große. Der Abstand ist aber kleiner geworden. Die Spiele gegen den Favoriten müssen nicht unbedingt mehr als zwanzig Tore Rückstand bedeuten, sondern vielleicht nur noch zwölf. Die nächste Aufgabe ist vielleicht auf acht Tore Rückstand zu kommen. Kleine Schritte machen; kleine aber sichere.

Die Mannschaft hat alles gegeben. Jetzt heißt es zu überlegen, wie man diese zarte Pflanze pflegen kann. Wie können diese Mannschaft und die Sportlerinnen, die noch kommen werden, noch besser unterstützt werden. Was können wir an den Strukturen vielleicht noch verbessern? Was können Verbände und Vereine tun? Was kann jede einzelne Wasserballverliebte noch dazu beitragen, um diesen Mädels zu ermöglichen, sich weiter zu entwickeln, und wer weiß, vielleicht in paar Jahren auf der ganz großen Bühne zu stehen. Tokio, Hamburg – Wunschdenken? Nicht unbedingt. Einige Spielerinnen aus Madrid und Baku durften schon Luft in der A-Nationalmannschaft schnuppern und konnten dabei sogar auch das eine oder andere Tor werfen. Darauf können wir aufbauen. Es muss aber gearbeitet werden – an allen Ebenen, mehr als bis jetzt!

Mit ganz wenig haben wir einiges geschaffen und geschafft. Mit ein bisschen mehr wäre vielleicht ein weiterer Schritt möglich. Ein „bisschen mehr“ muss nicht nur Geld bedeuten, sondern auch primär Masse, Konkurrenz und eine starke Liga. Die Juniorinnen haben ihr Bestes getan. Vier Siege aus sieben Spielen. Sie haben vorgelegt – jetzt ist die A-Nationalmannschaft am Zug: Nächste Station ist das Qualifikationsturnier für die Europameisterschaft 2016 in Belgrad. Uns steht etwas bevor. Ein Schritt nach dem anderen.

Die zarte Pflanze darf uns aber nicht eingehen, und alle sind gefragt.

Milos Sekulic

Bundestrainer Wasserball