Was gibt es Neues?
Jahresbericht Landesgruppe Nord zum NSV-Verbandstag 2023
Auch bei der ältesten olympischen Mannschaftssportart liegen seit jenem 13. März 2020 (Beginn des bundesweiten Lockdowns) schwierige Tage und schließlich sogar Jahre hinter den Aktiven und Vereinen der Landesgruppe Nord. Erfreulicherweise hat sich zumindest auf NSV-Ebene die sportliche Entwicklung in den zurückliegenden 15 Monaten die Entwicklung wieder stabilisieren können, allerdings kämpfen eine Ebene tiefer die Vereine in unseren fünf Landesgruppen an vielen Orten immer noch zum Teil massiv mit den Nachwirkungen.
Für die Saison 2019/2020 wurden am Ende bundesweit so gut wie alle Wasserball-Wettbewerbe abgebrochen. Sechs Bundesligisten spielten in einer kurzfristig vereinbarten Sommermeisterschaft im August und September quasi als Testballon den deutschen Meister der Männer aus, wobei die beiden NSV-Vertreter Waspo 98 Hannover und White Sharks Hannover die Plätze eins und vier belegten. Dazu wurde im Anschluss unter hohen Auflagen die noch ausstehende gemeinsame Pokalendrunde der Männer und Frauen in Berlin ausgetragen.
Die 2. Wasserball-Liga Nord wurde 2020 dagegen nicht mehr aufgenommen, allerdings kam in Rostock am letzten September-Wochenende kurzfristig in Turnierform zumindest noch der norddeutsche Pokalwettwettbewerb (NSV-Pokal) zur Austragung. Im Nachwuchsbereich waren im Februar vor dem Ausbruch der Pandemie noch die U14- und U16-Wettbewerbe männlich durchgeführt worden.
Hohe Corona-Auflagen und die über Monate ungewisse Lage ließen allerdings 2021 dann Meisterschaft wie auch Pokal scheitern. Auch für 2022 sah es zunächst trübe aus, allerdings konnte dann aber zumindest noch eine Sommermeisterschaft in Rundenform mit vier Teams und ein Pokalturnier in Laatzen austragen werden. In beiden Jahren kamen allerdings zumindest noch die in Turnierform aufgespielten Jugendmeisterschaften zur Austragung. Der aufstrebende Hamburger TB 1862 wagte dafür in der Saison 2021/2022 allerdings einen Start in der Bundesliga: Zwar war den engagierten Hanseaten der dortige Klassenverbleib nicht vergönnt, doch die jüngste Entwicklung zeigt, dass auch „neue“ Vereine Akzente in der Sportart setzen können.
Erst mit der Saison 2022/2023 konnte der Spielbetrieb auf NSV-Ebene wieder komplett ohne Einschränkungen über die Bühne gehen. In der 2. Wasserball-Liga Nord gab es mit dem bereits aus dem Nachwuchsbereich bekannten Neuling SC Neptun Cuxhaven und Rückkehrer HSG Warnemünde aus Rostock nicht nur einen leicht gestiegenen Zuspruch (erstmals seit 2018 wieder sechs Teams) zu vermelden, sondern auch jenseits der Hochburgen Hannover und Hamburg konnten endlich einmal wieder Zweitligaspiele besucht werden.
Internationale Elite zu Gast in Hannover und Hamburg
Seit dem letzten NSV-Verbandstag gab es dennoch so manch Spektakuläres zu vermelden: So wurde unser Nord-Flaggschiff Waspo 98 Hannover bei den Männern jeweils dreimal deutscher Meister wie auch Pokalsieger und erreichte in dieser Zeit ebenfalls dreimal das Finalturnier der Champions League. 2019 richteten die Niedersachsen mit einer ebenso spektakulären wie beispiellosen Veranstaltung im heimischen Stadionbad sogar selbst dieses prestigeträchtigste Treffen der acht weltbesten Wasserballvereine aus – es war neben der Kurzbahn-Europameisterschaft in Glasgow die wichtigste europäische Schwimmsportveranstaltung des Jahres 2019. Bei den Frauen erreichte der ETV Hamburg 2022 und 2023 jeweils die Halbfinal-Play-offs der Bundesliga.
Aktive aus Hannover und Hamburg waren seit 2019 zudem mit den Nationalmannschaften der Männer und Frauen bei den Europa- und Weltmeisterschaften im Einsatz. Und erst vor wenigen Tagen amtierte sogar ein Rostocker Spieler als Kapitän der deutschen Auswahl bei den U15-Europameisterschaften im montenegrinischen Podgorica. Hamburg war noch im März 2020 direkt vor dem Corona-Lockdown Gastgeber eines Vier-Nationen-Turniers der Männer, das der deutschen Auswahl den Weg zum Olympiaqualifikationswettbewerb der FINA (mittlerweile World Aquatics) in Rotterdam ebnen sollte.
Doch nicht nur die Resultate im Wasser verdienen Beachtung: So konnten unserer früherer Schiedsrichterobmann Karsten Kula wie auch dessen Nachfolger Richard Noack im März auf der deutschen Pokalendrunde in Düsseldorf jeweils eines der dortigen Endspiele leiten. Spätestens die oben genannten Beispiele zeigen, dass der norddeutsche Wasserball ein wichtiger nationaler Impulsgeber der Sportart auf Vereins- wie auch Auswahlebene ist!
Eine (kritische) Bestandsaufnahme
Muss sich der Norden sportlich nicht verstecken, so zeigt ein Vergleich mit dem beiden anderen Landesgruppen und dem den Landesgruppen faktisch gleichgestellten Schwimmverband Nordrhein-Westfalen dennoch, dass der heimische Spielbetrieb mit erheblichen strukturellen Problemen kämpft. So mangelt es massiv an Standorten, die sich dem sportlichen Vergleich auf norddeutscher oder sogar deutscher Ebene stellen. In gleich mehreren Großstädten (d. h. Orte mehr als 100.000 Einwohnern) wird kaum noch Wasserball gespielt, und zwei der fünf Landesverbände sind seit 2019 nicht einmal mehr im Nachwuchsbereich auf NSV-Veranstaltungen vertreten gewesen.
Hinzu komm im Vergleich mit anderen Regionen ein massives Bäderproblem: Springen beispielsweise in der 2. Wasserball-Liga Ost alle zehn Vereine in Hallenbecken mit den international üblichen 30-Meter-Feldern, konnten dieses im Sechserfeld der 2. Liga Nord zuletzt lediglich deren drei tun. Zwar musste im Nachwuchsbereich bisher noch keine NSV-Veranstaltung ausfallen, doch ohne interessierte Vereine und sportgerechte Bäder ist es schwerlich möglich, den überregionalen Spielbetrieb zu stabilisieren oder gar auszuweiten.
Gegen fehlende Bäderkapazitäten lässt sich seitens der Vereine und Verbände zugebenermaßen nur bedingt etwas tun, doch zumindest beim sportlichen Geschehen können engagierte Klubs mit tatkräftigen Machern auch unter eingeschränkten Bedingungen Zeichen setzen. Auch möchte ich die Vereine ersuchen, eine Teilnahme ihrer Männermannschaft an der 2. Liga Nord zumindest zu prüfen: Bei entsprechenden Rahmenbedingungen kann hier bereits in einem 25-Meter-Becken um Punkte gespielt werden, und dem Nachwuchs sollte auch im Erwachsenenbereich eine sportliche Perspektive geboten werden!
Ausblick
Wie in den vergangenen Jahren will der FA Wasserball versuchen, mit gut besuchten Meisterschaften wie auch Auswahlteams bei den nationalen Sichtungsturnieren insbesondere den Nachwuchs zu stärken und möglichst auch auf eine breitere Basis zu stellen. So gibt es hier seit Kurzem neben dem neuen Jugend-Rundenleiter Christian Potratz mit Marvin Wawoczny erstmals auch ein FA-Mitglied, das sich komplett den Auswahlmannschaften widmen wird. Dieses sind jeweils Bereiche, in denen unserseits Gestaltungsmöglichkeiten bestehen.
Der vorliegende Rückblick möge nicht nur den Verantwortlichen einen Blick in das Geschehen der jüngsten Vergangenheit ermöglichen, sondern auch Außenstehende ermutigen, sich für die Sportart im Verein und vielleicht überregional mit Gewinn einzubringen. Ich bedanke mich bei allen Mitstreitern, dem Vorstand und natürlich den Vereinen für die geleistete Arbeit der vergangenen vier Jahre und würde mich über eine weitere Unterstützung freuen.