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Ein Leben für den Wasserball: Hagen Stamm wird 60

Kaum eine Sportart wird mit dem Namen einer einzelnen Person verbunden wie der Wasserball mit Hagen Stamm: Seit mehr als vier Jahrzehnten hat der Ur-Berliner wie kein anderer in Deutschland das Geschehen mit dem gelben Kunststoffball geprägt. Heute feiert der amtierende Bundestrainer, frühere Europameister und langjährige Vereinspräsident der Wasserfreunde Spandau 04 seinen 60. Geburtstag, und ein Blick in das Leben des auch international geschätzten Wasserballidols ist zugleich ein tiefer Blick in die Geschichte der ältesten olympischen Mannschaftssportart hier in Deutschland.

Lang war bereits die Liste der Erfolge als aktiver Sportler: 14 deutsche Meistertitel in Folge gewann Hagen Stamm mit Spandau 04 von 1979 bis 1992, als sich der Klub aus der im Kalten Krieg geteilten Metropole zum Topverein des deutschen Wasserballs aufschwang. Unter den beiden prägenden Trainern Alfred Balen und Uwe Gaßmann gelangen den Berlinern mit einer Golden Generation zwischen 1982 und 1988 auch vier Siege im damaligen Europapokal der Landesmeister, dem Vorläufer der heutigen Champions League. Stamm hatte sich bereits früh zu einem Center von Weltklasse entwickelt, blieb jedoch in Uwe-Seeler-Manier trotz zum Teil spektakulärer Angebote aus Italien den 04ern stets treu. 

Verknüpft mit Stamms Leistungen und den herausragenden Resultaten des Berliner Klubs waren auch seitdem nie wieder erreichte Erfolge der Nationalmannschaft. Der blonde Hüne warf seit 1977 in 323 Länderspielen über 750 Tore und brachte es bis 1992 auf drei Olympiateilnahmen (plus der Nominierung für die Boykottspiele des Jahres 1980). 1981 in Split (Jugoslawien) und 1989 in Bonn wurde er Europameister, 1982 in Guyaquil (Ecuador) WM-Dritter und 1984 in Los Angeles (USA) olympischer Bronzemedaillengewinner. 1985 gewann die DSV-Auswahl mit dem Weltcup in Duisburg zudem das Acht-Nationen-Turnier der weltbesten Mannschaften. Heute kaum mehr glaublich und möglich: 1981 wurden die Wasserballer von Deutschlands führenden Sportjournalisten sogar zur „Mannschaft des Jahres“ gewählt.

Als Spieler wurde Stamm dreimal – 1987, 1989 und 1990 – zudem zu Deutschlands „Wasserballer des Jahres“ gekürt. Vielleicht am beeindruckendsten blieb jedoch der Auftritt des Berliners beim EM-Finale 1989 in Bonn gegen Olympiasieger Jugoslawien: Nach einer erlittenen Platzwunde am Auge ließ sich Stamm im dritten Viertel vor tausenden von Zuschauern von seinem langjährigen Mannschaftskameraden Dr. Roland Freund direkt am Beckenrand nähen. Der Berliner kehrte danach wieder ins Wasser zurück, und die deutsche Auswahl siegte nach einem 6:9-Rückstand zu Beginn des Schlussviertels noch mit 10:9 in der Verlängerung. 

Stamm blieb auch danach dem Wasserball mehr als nur treu: Seit 1995 steht er als Vereinspräsident an der Spitze der Wasserfreunde Spandau 04, die bis heute den Megaanteil der vergebenen Titel im deutschen Vereinswasserball eingefahren haben und sich auch weiterhin regelmäßig mit den weltbesten Vereinsteams in der Champions League duellieren. Beruflich hatte sich der Ur-Berliner inzwischen einen florierenden Fahrrand-Großhandel aufgebaut, doch von 2000 bis 2012 amtierte Stamm auch als Bundestrainer und führte die deutsche Auswahl zu den beiden bisher letzten Olympiaauftritten 2004 und 2008.

Coronabedingt wird es heute allerdings nur eine kleine Feier im Familienkreis geben. Auch der vielleicht größte Geburtstagswunsch des mittlerweile dreimaligen Großvaters lässt noch auf sich warten: Zu gerne wäre Stamm, der 2016 noch ein letztes Mal das Amt des Bundestrainers übernommen hat, in diesem Sommer mit der deutschen Nationalmannschaft zu den Olympischen Spielen nach Tokio (Japan) gefahren, doch die Qualifikationsveranstaltung im niederländischen Rotterdam ist nach Wochen der akribischen Vorbereitung ebenso verlegt worden wie Spiele im Land der aufgehenden Sonne selbst. Im Februar 2021 soll der nächste Versuch in Richtung Tokio unternommen werden …