Was gibt es Neues?

„Es ist eine Ehre, hier spielen zu dürfen“

Scheitert der deutsche Vertreter Waspo 98 Hannover im heutigen Champions League-Spiel beim ungarischen Vizemeister ZF Eger (20:30 Uhr, live auf www.dailymotion.com/lentv) vielleicht nicht am Gegner, sondern gar an der nicht alltäglichen Spielstätte? Der Gedanke alles andere unwahrscheinlich: Die Aladár-Bitskey-Schwimmhalle direkt im Herzen der unter anderem für ihren Thermalquellen ungarischen Provinzstadt ist nicht nur ein regelrechtes Schmuckstück, sondern auch eine bei der Konkurrenz gefürchtete Wasserballarena.

Die Bitskey-Schwimmhalle ist eine von gleich mehreren großen Schwimm- und Wasserballarenen, die in der jüngsten Vergangenheit in der ungarischen Provinz eröffnet worden sind und damit einen sichtbaren Anteil am Aufschwung bei den Leistungen der Wasserballvereine jenseits der Hauptstadt und der Millionenmetropole Budapest besitzen. Dass es heute Abend in der modernen 50-Meter-Schwimmhalle laut und emotional werden wird, gilt aus Sicht der Gäste als ausgemacht: Waspo 98 ist bereits im Dezember 2012 gegen ZF Eger in der damaligen Champions League-Hauptrunde an gleicher Stelle bereits vor den laufenden Kameras des ungarischen Fernsehens mit 5:16 regelrecht untergegangen.

Nur wenige der mittlerweile bereits 123 (!) Europapokalpartien des Klubs sind Vereinspräsident Bernd Seidensticker derart prägnant in Erinnerung geblieben wie das damaligen Gastspiel in Eger. Der langjährige Waspo98-Macher sieht die heutige Begegnung aber nicht nur aus historischen Reminiszenzen oder den sportlich wichtigen Punkten des laufenden Wettbewerbs als einen besonderen Ansporn: „Es ist eine Ehre, hier spielen zu dürfen“, sagt Seidensticker mit selbst für ihn ungewohnter Inbrunst – und ist sich der Schwere der heutigen Aufgabe mehr als bewusst. Allzu viele Partien hat der ungarische Meister der Jahre 2011, 2013 und 2014 in der jüngsten Vergangenheit auf der Anlage nicht abgeben. Auch Ingo Pickert, neben Roger Kong einziger verbliebener Wasp98-Akteur des 2012er-Spieles, berichtet beeindruckt von der Anlage und dem damaligen Gastspiel der Niedersachsen.

Die Aladár-Bitskey-Schwimmhalle hat es allerdings auch architektonisch in sich: Die im Dezember 2000 eröffnete Anlage bietet nicht nur mehr als 2.000 Zuschauern Platz, wobei das 50 x 21 Meter große Becken mit einer durchgehenden Wassertiefe von 2,25 Meter die Bedürfnisse der Sportart in besonderem Maße berücksichtigt. Die vielleicht größte Besonderheit der Wettkampfstätte: Die Spielstätte ist auf allen vier Seiten durchgehend von Tribünenplätzen umgeben. Einzig Ausgangs- und Treppenbereiche sorgen für kleinere Unterbrechungen, doch der Zuschauer kann einmal um die ganze Anlage herumspazieren. Selbst unterhalb der großen Anzeigetafel gibt es noch Sitzplatzreihen, die damit eine scheinbar klassische 50-Meter-Schwimmhalle endgültig zu einer regelrechten Arena mit Centre-Court-Feeling machen. An der Hallendecke hängen in Form von Bannern zudem die bisherigen Titelgewinne der Männer- wie auch Frauenmannschaft des Klubs herab – die großen Profisportarten der USA lassen grüßen.

Der Namensgeber der Sportstätte ist in Form einer Bronzebüste im Eingangsbereich verewigt und sorgt beim Nachschlagen für eine Überraschung: Hierbei handelt es sich mit Aladár Bitskey (1905 – 1981) ähnlich wie bei dem berühmten Alfred-Hajos-Sportkomplex in der Hauptstadt Budapest nicht um einen Wasserballer, sondern um einen hier in Eger geborenen wie auch verstorbenen Schwimmer, der 1927 und 1931 jeweils Vize-Europameister über 100 Meter Rücken geworden ist. Verbunden mit dem Blick auf den aktuellen Kultstatus der mehrfachen Schwimm-Olympiasiegerin und Weltrekordinhaberin Katinka Hoszu in der sportbegeistern Donaurepublik lässt sich neben dem Blick auf eine herausragende Spielstätte auch die Erkenntnis mitnehmen, dass selbst in einem derart kleinen Land für Schwimmen wie auch Wasserball genug Raum zu sein scheint – selbst in der tiefsten ungarischen Provinz bekommt der immer eindimensionale werdende deutsche Sport seine Ohrfeigen verpasst …