Was gibt es Neues?

Der „Kauz“ träumt von Olympia

Den 5. April 2012 werden Deutschlands Wasserballer so schnell nicht vergessen. Was ganz viel mit Mateo Cuk, dem Center der Wasserfreunde Spandau 04 zu tun hat. Denn der traf damals im Olympia-Qualifikationsturnier in Edmonton (Kanada) für Mazedonien beim 6:4-Erfolg des Wasserball-Zwerges gegen die DSV-Auswahl gleich dreimal ins von Alexander Tchigir gehütete Tor. Das bedeutete damals Gruppen-Rang fünf für die Deutschen hinter dem punktgleichen Kontrahenten – und das Olympia-Aus für die Mannen von Bundestrainer Hagen Stamm.
 
Cuk, aus dem Serbokroatischen übersetzt „Kauz“, ist in Zagreb geboren und damit Kroate. Aber seit aus Ex-Jugoslawien diverse selbstständige Republiken wurden, sind unter den starken Wasserballern des ehemaligen Vielvölker-Staates diverse Wechselspiele im Gange. Und so wurde aus Mateo Cuk ein halbes Jahr lang ein Mazedonier und der Schrecken der Deutschen. Das ist drei Jahre her – aber nicht das Ende der Geschichte. Denn Cuk, 25 Jahre alt und 1,95 Meter großer Modellathlet mit Kleiderschrank-Maßen, wurde nach besagtem Turnier wieder Kroate und von Stamm, zugleich Spandau 04-Präsident, angesprochen, ob er sich einen Wechsel in die deutsche Hauptstadt vorstellen könne.
 
Cuk konnte, weil, sagt er, „Spandau einen guten Namen im Wasserball hat, auch auf dem Balkan als großer Klub gilt und jede Saison international spielt“. Champions League, das hatte der Recke bis dahin noch nicht geschafft. Schon mit vier Jahren lernte er schwimmen und bald kam auch das passende Sportgerät dazu. „Im Wasser konnte ich alles mit dem Ball viel besser als an Land, deshalb bin ich auch kein Fußballer geworden“, scherzt er. Später hat er sechs Jahre lang bis 2011 in Zagreb bei VK Medvescak gespielt, kein Spitzenklub Kroatiens, aber gut etabliert in der ersten Liga. Bereits mit 15 feierte er seine Premiere in der Top-Spielklasse – entwickelte sich als Junior zu einem der Besten des Landes.
 
Die Berufung in Nachwuchsnationalteams war die logische Folge, 2009 wurde Cuk mit Kroatien U19-Europameister. Der Sprung ins A-Team freilich ist dortzulande nochmal eine ganz andere Sache. Der ehrgeizige Center aber träumt von Olympia, wollte nicht ergeben warten, bis das Schicksal ihm den Traum erfüllt. So kam das Mazedonien-Intermezzo zustande, das zwar den Sieg gegen Deutschland bescherte, aber nach Niederlage im Folgematch waren auch die Mazedonier raus aus dem Olympiarennen. Cuks Olympia-Traum freilich lebte weiter. Nur, dass ihn der Profi-Wasserballer nun in neuen Farben träumt.
 
In Schwarz-Rot-Gold nämlich, denn Cuk wird wie der Spandau-Teamkollege Marin Restovic (Serbien) wohl demnächst Deutscher. Der Antrag läuft und jüngst wurde von den Behörden eine Antwort für September in Aussicht gestellt. „Den Sprachtest haben wir problemlos bestanden, auch den Fragebogen mit 33 Fragen aus diversen Bereichen ordentlich beantwortet. Abgegeben wurde alles vor ein paar Tagen und nun heißt es zwei, drei Monate auf das hoffentliche Ja warten“, sagt Cuk. Der Zeitrahmen würde damit ziemlich genau zur sportlichen Zukunft passen. Zwar käme die Wasserball-WM im August im russischen Kasan für das Duo zu früh, aber halb so schlimm – Deutschland ist eh nicht qualifiziert.
 
Bei der EM 2016 in Belgrad (10. bis 23. Januar 2016) und vor allem beim weltweiten Rio-Qualifikationsturnier im Frühjahr in Florenz, bei dem noch einmal drei Tickets vergeben werden, stünden beide dann allerdings zur Verfügung, um den erneuten „worst case“ einer deutschen Nichtteilnahme bei Olympia nach 2000 und 2012 zu verhindern. Cuk und Restovic wären bei diesem Unternehmen ideale Unterstützer, denn sowohl Center (Cuk) als auch Linkshänder (Restovic) gehören seit Jahren zu den Dauer-Baustellen im deutschen Männer-Wasserball. Beide sind im dritten Jahr bei Spandau 04 aktiv, beide haben sich vor allem in der laufenden Saison nach Startproblemen in den beiden Jahren zuvor zu absoluten Leistungsträgern entwickelt. Mateo Cuk ist der Goalgetter vom Dienst bei den Spandauern und die „Nummer eins“ in der Liga insgesamt. In den 16 DWL-Partien (14 Hauptrunde, zwei Viertelfinal-Playoff) traf er bislang 56 Mal und führt damit deutlich vor dem Esslinger Heiko Nossek (45), der im Best of Five-Halbfinale ab Mittwoch (erstes Spiel in Esslingen, 19 Uhr) direkter Gegner von Cuk sein wird.
 
Cuk erlebt aktuell seines bestes Jahr in Berlin. „Die erste Saison war schwer. Nach der Geschichte mit Mazedonien habe einige Wunderdinge von mir erwartet. Neue Sprache, neue Leute, neuer Trainer, die Stadt, ein paar Verletzungen – ich habe Zeit gebraucht“, erinnert er sich. Zudem sei es für ihn das „erste Mal gewesen, dass ich allein zurecht kommen musste und nicht mehr zuhause war“. Er muss unwillkürlich lachen, als er ergänzt: „Ich musste kochen, putzen, waschen.        
 
Vorher hat das fast alles Mama gemacht.“ Seinen Vertrag bei den Wasserfreunden hat er immer um jeweils ein Jahr verlängert. Wie lange er bleiben wird, lässt er offen, sagt, dass er diese Kurzfristigkeit okay finde, „das ist besser für den Kopf“. Überhaupt macht er sich nicht so viele Gedanken darüber, „was irgendwann mal sein wird oder sein könnte“. Fakt sei, „dass ich nicht gekommen bin, um jedes Spiel zu verlieren, sondern dafür, jede Partie besser und besser zu werden“. Berlin, findet er, sei „eine geile Stadt“. Die vielen Kulturen, der Mix mit Museen, Musik und Party, Shopping Centren, die Ruhe daheim in Britz – all das gefällt ihm ausgemacht gut, „es wird nie langweilig“. (KLAUS WEISE)